Sonntag, 15. November 2015

Lauf für Olympia

Hallo ihr Lieben,

nachdem der gestrige Tag bewegungstechnisch eher durchwachsen war (wir haben einen Ausflug zur Schleimündung gemacht und haben viel im Auto gesessen), habe ich heute den bisher längsten Lauf meiner "Karriere" gemacht.

In der letzten Woche habe ich durch eine lokale Laufgruppe bei facebook erfahren, dass heute ein Werbelauf für Olympia in Kiel geplant ist. In zwei Wochen ist hier der Bürgerentscheid und die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG) wollte noch mal ordentlich die Werbetrommel rühren. Dazu wurde am Start eine original olympische Fackel von 1972 entzündet und (ohne Feuer...) über fünf Etappen durch die Stadt getragen. Es war ein Lauf in der Gruppe: Ohne Anmeldung, ohne Zeitmessung, einfach so gemeinsam laufen und auffallen.

Start war um 10:00 im Olympiazentrum Schilksee (also quasi bei mir um die Ecke), das Ziel am Kieler Rathaus. Dazwischen lagen 18km Weg, so weit war ich noch nie gelaufen und dementsprechend vorsichtig damit, mich auf den Zieleinlauf am Rathaus zu freuen. Eigentlich sollte das hier einen schön bunt bebilderten Post geben, aber dazu später mehr.

Aber nun erst mal zurück zum Anfang: Um 7:15 klingelte mein Wecker und ich wurde von Regentropfen begrüßt, die an mein Schlafzimmerfenster klatschten. Toll, am Sonntagmorgen so früh aufstehen, ist ja schon schwierig genug. Aber dass ausgerechnet heute das Kieler Schietwetter zuschlagen muss, fand ich äußerst unfair.

Nun gut, nicht jammern: Aufstehen, frühstücken. Es gab eine große Schüssel Smacks (obwohl ich weitestgehend auf Zucker verzichte: vor einem langen Lauf gibt es für mich einfach nichts besseres), Kaffee und natürlich ziemlich viel Wasser. Danach mit dem Hund zum Bäcker und dabei das Wetter austesten: Es war wirklich Ekelwetter. Nass von unten, nass von oben und kalt. In dem Moment wuchs mein Schweinehund zu einem Schweineelefanten an und ich wäre wirklich gern wieder ins Bett gekrabbelt und hätte vermutlich so gegen 12 ein ausgiebiges Sonntagsfrühstück zu mir genommen. Da mein Freund allerdings früh aufgestanden war, um mich die 1,5km zum Start zu fahren, kam Kneifen nicht wirklich in Frage. Also hab ich Handy, Geld, Taschentücher und Laufhandschuhe eingepackt und los ging's.

Am Olympiazentrum waren unerwartet viele Läufer, ca. 30 waren versammelt und mit schönen weißen Olypia-Shirts ausgestattet. Ich habe direkt auch eins ergattert und habe direkt den ersten Seelenstreichler bekommen: "Hmm, probieren Sie mal M. Aber wahrscheinlich brauchen Sie S...". Jup, ich brauchte S und konnte das sogar noch über meiner Laufjacke anziehen. Jippieh :)

Um 10:00 ging es los, allerdings zunächst nicht mit dem Lauf, sondern erst mal mit Fotos für die Presse. Auch der NDR war da und hat uns gefilmt - für den Wetterbericht. Der lief heute Abend im TV, war sehr witzig, mich da rumstehen und -laufen zu sehen. Das Wetter war immer noch ziemlich durchwachsen (und wurde auch nicht besser): Es war kalt und nass. Für mich als Brillenträgerin war es ein Graus, die Brille war durch Beschlagen und Regentropfen eigentlich nicht mehr zu gebrauchen. Auch am T-Shirt konnte ich sie nach den ersten 3km nicht mehr abtrocknen, weil das völlig durchweicht war.

Nun ja, dann ging es endlich los mit dem Lauf. Die erste Etappe führte über 5km zur Gesamtschule im Nachbarstadtteil. Angesagt war ein gemächliches Tempo. Also dachte ich mir: Handy mit Kamera mitnehmen und zwischendurch schön Fotos machen, um sie euch zeigen zu können. Gemächlich war es dann aber leider nicht, sodass es keine Fotos vom Lauf gibt: Ich war zu sehr mit Laufen und Atmen beschäftigt. Das Laufen in der Gruppe war toll, allerdings war das Tempo für mich zu hoch und ich am Anfang zu schüchtern, um Bescheid zu sagen. Also Zähne zusammenbeißen und bis zur ersten Pause durchhalten. Zwischendurch durfte ich die Fackel tragen, konnte es in dem Moment aber nicht wirklich schätzen: Ich hatte alle Hände voll zu tun, mich durch die Gegend zu tragen, da kam mir die Fackel gar nicht recht. Erst als ich sie wieder abgegeben habe, ging mir durch den Kopf, was das bedeutet: Diese Fackel wurde 1972 von Olympiateilnehmern getragen und ich durfte sie heute halten. Wow!

Die erste Pause bestand leider nur daraus, uns kurz unterzustellen und im Anschluss direkt weiterzulaufen. Durch die vielen Fotos am Anfang waren wir in Zeitverzug, sodass nur die Leute verabschiedet wurden, die nach der ersten Etappe aussteigen wollten und es sofort auf die zweite Etappe ging. Diese Etappe sollte über die Olympiabrücke (die im echten Leben keiner so nennt...) auf die Südseite des Kanals führen. Das waren 6km, die ziemlich schnell vorbeigingen: Ich bin am Ende der Gruppe gelaufen und es haben sich immer wieder nette Menschen ans Ende zurückfallen lassen, um ein paar Worte mit mir zu wechseln. So habe ich Leute aus einer Kieler Laufgruppe kennengelernt und bis zur Brücke verging die Zeit sehr schnell. Die Brücke hatte es allerdings in sich und hat mir alles abverlangt. Von Meeresspiegelhöhe ging es 34m aufwärts (einige von euch fangen jetzt bestimmt an zu schmunzeln, aber hier gibt es halt keine Steigungen ;-) ) und dann wieder ein Stück runter. Auf einem Parkplatz haben wir sieben Minuten Pause gemacht, in der es Getränke gab. Diese Pause hatte ich dringend nötig, es waren 11 von 18km geschafft und ich hatte mal nebenbei eine neue Bestzeit auf 10,5km aufgestellt. Der Regeneration stand allerdings das schlechte Wetter und die Kälte entgegen, mir ist kalt geworden und das hat sich auch bis zur Badewanne zuhause nicht mehr gegeben. Zumal waren meine Füße durch die vielen Pfützen inzwischen völlig durchweicht

Unterwegs über nasse Straßen
Die restliche Strecke war in kleinere Etappen eingeteilt: Zunächst ging es einen Kilometer zum Mercatorhochhaus, dort wurden wieder Fotos gemacht und dann an der Kiellinie entlang zum Olympiahafen Düsternbrook. Dieser Abschnitt war total schön, wir sind am Wasser gelaufen und haben viele Menschen getroffen. Allerdings ging es mir muskulär schon nicht mehr gut, sodass ich das Gefühl hatte, eventuell doch noch vorm Ziel aussteigen zu müssen. Nachdem ich mich so durchgebissen hatte, war das überhaupt kein schönes Gefühl. Bis zum Hafen habe ich mich durchgekämpft, versucht, mich in der Pause zu regenerieren und mich schlicht und ergreifend geweigert, so kurz vorm Ziel noch aufzugeben. Es waren noch ungefähr 3km zu laufen, 15 hatte ich bereits in der Tasche: Ab jetzt war alles Neuland, bisher war ich maximal 15km unterwegs. Zudem hatte der Organisator erfahren, dass ich noch nie so weit gelaufen war und das der Gruppe erzählt. Ich habe großen Applaus für meinen Mut bekommen und auch die Rückmeldung "Ich hätte mich das nicht getraut".



Also Zähne zusammengebissen und weitergelaufen. Im Laufschritt kam ich leider nicht mehr bis zum Rathaus: Meine Grenzen hatte ich voll ausgereizt und konnte ab einem Punkt nur noch gehen. Meine Beine schmerzten und waren kraftlos, zusätzlich bereitete mir mein Kreislauf Probleme. Also bin ich gegangen. Einige Leute haben mir Gesellschaft geleistet, die Gruppe hat mehrmals gewartet, damit wir alle zusammen am Rathaus ankommen. So ging der Lauf mit einem positiven Gefühl zu Ende. Am Rathaus wurden erst Fotos im Park und dann auf dem Rathausplatz gemacht. Zwischendurch habe ich den Verpflegungsbus aufgesucht und mich mit Apfelschorle und PowerBars eingedeckt.


Der restliche Tag ist schnell zusammengefasst: Mit Mitläufern nach Hause gefahren, dort mit "Oh Gott, deine Lippen sind blau" in die heiße Badewanne gesteckt worden. Appetitlos ein paar Nudeln gegessen, mit Wärmekissen ab ins Bett, gelesen, Cracker gegessen, geschlafen, gelesen, gegessen, gegessen, gegessen und diesen Post verfasst. Der Aktivitätstracker spricht von 367% Tagesaktivität. Reicht ;-)

Jetzt aber ab ins Bett.

Bis bald!





2 Kommentare:

  1. wow, einfach mal so 18km. Sehr gut! Aber lieber langsam angehen lassen. Bringt langfrisitg mehr. Außer du willst im Januar n Marathon laufen ;)

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    1. Generell bin ich ein Freund von langsam angehen lassen. Die Gelegenheit gestern war aber einfach zu günstig, um sie mir entgehen zu lassen. Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt, irgendwie so sagt man doch?

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